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Kalkulatorische Wagnisse: Definition, Berechnung & Bedeutung

Kalkulatorische Wagnisse: Definition, Berechnung & Bedeutung

Die Betriebswirtschaft ist immer mit finanziellen Risiken verbunden. Diese treten oft unvorhersehbar auf und sind für die Geschäftsführung nur schwer zu berechnen. Jedoch müssen sie in die Preisberechnung für Produkte und Leistungen einfließen, damit das Unternehmen nicht zum Verlustgeschäft wird. Hier kommen kalkulatorische Wagnisse ins Spiel.

Kalkulatorische Wagnisse (auch: kalkulatorisches Risiko, engl. „imputed risk“) bezeichnen den Teil der Anderskosten unter den kalkulatorischen Kosten, der durch das Eingehen einzelner unternehmerischer Risiken entsteht. Somit bilden sie einen Teil der Berechnungsgrundlage für Preise und ermöglichen es, Wagniskosten langfristig auszugleichen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Kalkulatorische Wagnisse sind unternehmerische Einzelwagnisse, die Betriebsgegenstände betreffen.
  • Sie treten aufgrund betrieblicher Risikofaktoren auf, die nicht anderweitig abgesichert sind.
  • Die kalkulatorischen Wagniskosten geben an, welche Kosten im Laufe eines Jahres erfahrungsgemäß für Schadensfälle durch das jeweilige Einzelwagnis aufgewendet werden müssen.
  • Kalkulatorische Wagniskosten bilden daher gemeinsam mit den Produktionskosten und sonstigen Fixkosten die Grundlage zur Preisberechnung.
  • Es handelt sich bei Wagnissen nicht um Aufwendungen im eigentlichen Sinne; daher werden sie nicht in der Jahresbilanz geführt.
  • Kalkulatorische Wagniskosten werden in der Ergebnistabelle und der Kostenrechnung als neutrale Aufwendungen erfasst.

Kalkulatorisches Wagnis in der Betriebswirtschaft –  Was ist das überhaupt?

Im betriebswirtschaftlichen Kontext ist ein unternehmerisches Wagnis definiert als eine Verlustgefahr, die sich aus einer Unternehmung ergibt. Dieses Risiko ist das Resultat von Zufällen und Unsicherheiten, die sich aus der Wirtschaftslage oder dem unternehmerischen Handeln ergeben. Es handelt sich bei Wagnissen somit um potenzielle Kosten oder Einbußen, die das Unternehmen selbst tragen muss. Entsprechend sind die Begriffe „Wagnis“ und „Risiko“ im Wesentlichen Synonyme.

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Wagnisse gehören also zum unternehmerischen Handeln genauso dazu, wie das Eingehen bestimmter Risiken. Dabei wird zwischen allgemeinen unternehmerischen Wagnissen und Einzelwagnissen unterschieden. Erstere beziehen sich auf Risiken, die sich aus Änderungen der Wirtschaftssituation ergeben. So kann etwa Inflation oder eine Fluktuation der Nachfrage den Wert eines Produkts senken oder steigern. 

Ferner besteht das Risiko, dass Produkte und Leistungen durch technischen Fortschritt obsolet oder kostengünstiger zur Verfügung gestellt werden. Diese Kategorie von Wagnissen lässt sich somit nicht berechnen oder unmittelbar beeinflussen. 

Kalkulatorische Wagnisse berechnen: Formel, Definition & Bedeutung

Arten kalkulatorischer Wagnisse

Kalkulatorische Wagnisse hingegen beziehen sich auf spezifische Vorgänge im Unternehmen und die resultierenden Risiken. Es handelt sich also in der Regel um Einzelwagnisse, die im Rahmen der Unternehmensführung entstehen und sich auf einen Betriebsgegenstand zurückführen lassen. Entsprechend können kalkulatorische Wagnisse in jedem Bereich entstehen, in dem ein Unternehmen tätig ist.

  • Als Anlagewagnisse werden Risiken bezeichnet, die durch Maschinen, Anlagen und Fahrzeuge im Unternehmen entstehen. Insbesondere fallen in diese Kategorie Risiken, die Sach- und Personenschäden involvieren.
  • Fertigungswagnisse liegen dann vor, wenn das Risiko besteht, dass ein Produkt die Qualitätsstandards des Unternehmens nicht einhalten kann. In diesem Fall besteht die Gefahr von Gewinneinbußen durch den Rückruf mangelhafter Produkte und die Einhaltung der Gewährleistungspflicht.
  • Beständewagnisse sind Risiken, die den Lagerbestand betreffen. Kommt dieser durch ein unvorhersehbares Ereignis wie einen Brand oder Diebstahl zu Schaden, fallen Kosten für die Wiederbeschaffung an.
  • Unter Vertriebswagnissen versteht man Risiken, die im Vertriebs- und Rechnungsverkehr entstehen. Kann etwa der Abnehmer einer Leistung oder eines Produkts der entstehenden Forderung nicht nachkommen, stellt dies einen finanziellen Verlust für das liefernde Unternehmen dar.
  • Entwicklungswagnisse betreffen die technische Entwicklung innerhalb des Unternehmens bzw. mit dessen Mitteln. Wird ein Forschungs- und Entwicklungsprojekt eingestellt, ohne brauchbare Ergebnisse zu liefern, entsteht dem finanzierenden Unternehmen ein Nachteil.
  • Ferner existieren Wagnisse, die sich spezifisch auf die Branche beziehen, in der ein Unternehmen tätig ist. So könnten etwa Schäden durch Umweltverschmutzung eines Chemiekonzerns und damit verbundene Strafzahlungen ein Risiko darstellen.

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Betriebswirtschaftliche Bedeutung kalkulatorischer Wagnisse

Somit stellen kalkulatorische Wagnisse einen Teil der Gemeinkosten dar. Dabei handelt es sich um Kosten, die innerhalb des Unternehmens entstehen und sich weder einem Kostenträger noch einer Kostenstelle zuordnen lassen. Als solche fließen sie gemeinsam mit den Einzelkosten in die Kostenrechnung ein und bilden zusammen mit diesen die Gesamtkosten, die im Unternehmen anfallen (hier erfährst du mehr zur Kosten- und Leistungsrechnung). 

Diese Betrachtung setzt sich im Rahmen des Betriebsergebnisses und der Gewinn- und Verlustrechnung fort. Um eventuelle Wagniskosten zu decken, braucht es eine finanzielle Rücklage zur Selbstversicherung. Diese geht als neutraler Aufwand in die Kalkulation ein. Da es sich nicht um Aufwendungen im eigentlichen Sinne handelt, fließen kalkulatorische Wagnisse jedoch nicht in die Jahresbilanz ein.

Anders verhält es sich, wenn Risiken durch eine Versicherung abgedeckt werden. In diesem Fall handelt es sich nicht länger um Wagnisse. Die Kosten der Versicherung werden als Ausgaben, Kosten und Aufwand bilanziert.

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Kalkulatorische Wagnisse als Teil der betrieblichen Preispolitik

Auch die interne Preiskalkulation richtet sich für Produkte und Leistungen unter anderem nach den kalkulatorischen Wagniskosten. Wird ihre Höhe zu niedrig bemessen oder nicht in die Kalkulation einbezogen, fällt die berechnete Preisuntergrenze zu gering aus. Entstehen unerwartete Verluste, so können diese unter solchen Umständen nicht ohne Weiteres abgefangen werden.

Kalkulatorische Wagniskosten bilden daher gemeinsam mit den Produktionskosten und sonstigen Fixkosten die Grundlage zur Preisberechnung. So ist es möglich, einen Idealpreis zu ermitteln, der Kosten decken und den gewinnbringenden Vertrieb von Produkten und Leistungen garantieren würde. Dieser wiederum dient als Richtwert für den realistischen, konkurrenzfähigen Preis.

Kalkulatorische Wagnisse berechnen (Formel)

Die Kosten für kalkulatorische Wagnisse ergeben sich allgemein aus der Summe der Verluste im Verhältnis zur Bezugsgröße. Da es sich um zufällige Kosten handelt, die nicht akkurat vorhergesagt werden können, ist es üblich, die kalkulatorischen Wagniskosten über einen hinreichend langen Zeitraum zu berechnen. Indem man annimmt, dass Kosten für Schadensfälle im selben Maße auftreten wie in den vergangenen fünf Jahren, können Fluktuationen vermieden werden. 

Zur Berechnung der Wagniskosten bildet man zuerst den Wagniskostensatz. Der Wagniskostensatz berechnet sich anhand folgender Formel:

Wagniskostensatz = (Summe der Verluste / Summe der Bezugsgröße) × 100 %

Es handelt sich somit um einen Durchschnittswert, der in prozentualer Form angibt, welcher Anteil der Bezugsgröße im Rechnungszeitraum durch Schäden verloren ging. Dabei ist es wichtig, den Wagniskostensatz für jedes kalkulatorische Wagnis einzeln zu berechnen. Nur so ergibt sich ein aussagekräftiges Ergebnis.

Um aus dem Wagniskostensatz die kalkulatorischen Wagniskosten zu bilden, wird dieser als Nächstes wie folgt mit der Bezugsgröße für den jeweiligen Zeitraum multipliziert:

Wagniskosten = Wagniskostensatz × Bezugsgröße

Das Ergebnis gibt Aufschluss darüber, welche Summe insgesamt im zu berechnenden Zeitraum für das jeweilige Einzelwagnis aufgewendet werden muss, um eventuelle Wagniskosten zu decken. Somit ist es möglich, die Kosten der einzelnen kalkulatorischen Wagnisse schätzungsweise zu ermitteln. Auf dieser Grundlage können Produktpreise und Leistungen angepasst werden, damit sie eventuelle Schadensfälle kompensiert können.

Bezugsgrößen für Einzelwagnisse

Welche Bezugsgröße zur Berechnung der kalkulatorischen Wagniskosten für Einzelwagnisse herangezogen wird, hängt davon ab, um welche Art von Wagnis es sich dabei handelt. 

So wird bei einem Entwicklungswagnis der Quotient aus den Kosten vergeblicher Projekte und den gesamten Entwicklungskosten gebildet. Bei einem Beständewagnis hingegen stellt der Wagniskostensatz das Verhältnis von Schäden zum gesamten Einkaufswert dar.

Kalkulatorische Wagnisse: Beispiel zur Berechnung

Konkret lässt sich dies an folgendem Beispiel illustrieren: 

Unternehmen A hatte im Laufe der letzten fünf Jahre jährlich Material im Wert von durchschnittlich 3.000.000 € eingekauft. Aus Kostengründen entschied sich die Geschäftsführung gegen eine Versicherung; es handelt sich somit um ein Beständewagnis.

In den ersten beiden Jahren und im letzten Jahr entstanden keine nennenswerten Verluste, während im dritten und vierten Jahr jeweils ca. 150000 € Wertverlust durch Schäden auftraten. Im kommenden Jahr soll der Materialaufwand erstmals auf einen Gesamtwert von 4.500.000 € steigen.

Für den Wagniskostensatz ergibt sich folgende Formel (siehe oben):

Wagniskostensatz = (entstandene Schäden / Materialkosten) × 100 %

Da für die Materialkosten bereits ein Durchschnittswert gegeben ist, muss dieser auch für die Verluste gebildet werden:

(2 × 150.000 €) / 5 = 60.000 €

Dieser durchschnittliche Schadenswert für die vergangenen fünf Jahre wird nun in die Formel für den Wagniskostensatz eingesetzt:

(60.000 € / 3.000.000 €) × 100 % = 2 %

Somit ergibt sich ein Wagniskostensatz von 2 % für dieses Einzelwagnis. Um die gesamten Wagniskosten für einen Zeitraum zu berechnen, muss der Wagniskostensatz nun mit den geplanten Materialkosten multipliziert werden:

4.500.000 € × 2 % = 90.000 €

Die kalkulatorischen Wagniskosten für das Beständewagnis belaufen sich im Beispiel also auf 90.000 € für das kommende Jahr. 

Anders ausgedrückt: Bei 4.500.000 € jährlichen Materialkosten ist erfahrungsgemäß mit Schäden im Wert von 90.000 € zu rechnen. Dies können durch eine entsprechende Preispolitik kompensiert werden.

Kalkulatorische Wagnisse ermöglichen konsequente Preispolitik

Damit nehmen kalkulatorische Wagnisse eine wichtige Rolle in der Betriebswirtschaft, insbesondere aber in der Kostenrechnung und der betrieblichen Preispolitik, ein. Sie beschreiben Risiken, die in verschiedenen Unternehmensbereichen entstehen können, und ermöglichen Prognosen über potenzielle Schäden. Dies ermöglicht es Unternehmen, Preise für Produkte und Leistungen so zu planen, dass kalkulatorische Wagniskosten nach Möglichkeit ausgeglichen werden.

Ergänzend dazu liefern sie eine Entscheidungsgrundlage für die Frage, ob ein Betriebsgegenstand durch eine Versicherung oder andere Maßnahmen abgesichert werden soll. So ermöglicht die Berechnung kalkulatorischer Wagniskosten den direkten Vergleich der Kosten im Schadensfall mit denen für eine entsprechende Versicherung, die das Risiko deckt.

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Häufige gestellte Fragen (FAQ) zu kalkulatorischen Wagnissen

Was sind kalkulatorische Wagnisse?

Kalkulatorische Wagnisse sind unternehmerische Einzelwagnisse, die aus dem betrieblichen Alltag resultieren. Hauptsächlich handelt es sich dabei um Wagnisse, die spezifische Betriebsgegenstände betreffen, welche nicht anderweitig abgesichert oder nicht absicherbar sind.

Wie grenzen sich kalkulatorische Wagnisse von den allgemeinen Unternehmensrisiken ab?

Anders als allgemeine Unternehmensrisiken, die aus der Wirtschaftslage erwachsen, entstehen kalkulatorische Wagnisse aus den Vorgängen im eigenen Unternehmen. Somit besteht die Möglichkeit, durch entsprechende Kalkulationen Vorkehrungen zum Ausgleich der Wagniskosten zu treffen.

Welche Rolle spielen kalkulatorische Wagnisse in der betrieblichen Preispolitik?

Anhand von Erfahrungswerten ist es möglich, die kalkulatorischen Wagniskosten abzuschätzen. Diese geben an, mit welchen jährlichen Kosten bei einem Einzelwagnis zu rechnen ist. Auf diese Weise erlaubt die Berechnung von Wagniskosten es einem Unternehmen, Idealpreise zu kalkulieren, die das Schadensrisiko berücksichtigen und kompensieren.

Wie werden kalkulatorische Wagnisse in der Kostenrechnung und der Jahresbilanz aufgeführt?

Da es sich bei den kalkulatorischen Wagniskosten um eine theoretische Größe handelt, tauchen sie nicht in der Jahresbilanz auf. Es wurden schließlich keine Geldmittel dafür aufgewendet. Im Rahmen der Kostenrechnung hingegen bilden die Wagniskosten einen Teil der Gemeinkosten. Somit fließen sie als Teil der neutralen Aufwendungen in die Ergebnistabelle ein.

Muss jedes Unternehmen kalkulatorische Wagniskosten berechnen?

Es gibt keine rechtliche Verpflichtung, Wagniskosten zu kalkulieren. Tatsächlich verrechnen etwa die Hälfte der deutschen Unternehmen überhaupt keine Wagniskosten in ihrer Preiskalkulation. Dadurch fällt die errechnete Preisuntergrenze niedriger aus, im Schadensfall kann es jedoch zu finanziellen Engpässen kommen. Die Berücksichtigung kalkulatorischer Wagnisse stellt somit eine Art Selbstversicherung dar.

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