StaRUG – Sanierung statt Insolvenz: Steuerberater als Frühwarnsystem

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Das „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“, kurz Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG), verfolgt zwei Ziele gleichzeitig.

Das Neue an dieser Rechtsgrundlage: Das StaRUG bietet den rechtlichen Rahmen zur Sanierung von Unternehmen, sobald eine Zahlungsunfähigkeit droht – sprich außerhalb respektive vor der Insolvenz. Mithilfe eines Restrukturierungsplans ist die Unternehmenssanierung unter Einbeziehung von Gläubigern auch gegen den Willen Einzelner umsetzbar. Die EU-Restrukturierungsrichtlinie verpflichtet alle EU-Mitgliedstaaten dazu, zur Abwendung der wahrscheinlichen Insolvenz einen vorinsolvenzlichen Restrukturierungsrahmen zu schaffen.

Das Wichtigste zu StaRUG in Kürze

  • Ziel des StaRUG ist es, ein Unternehmen zu sanieren, bevor eine Insolvenz eintritt, um es vor eben solch einer Regelinsolvenz zu bewahren.
  • Krisenerkennung und Frühwarnsystem sind dabei die beiden Kernpunkte.
  • Die Unternehmenssanierung ist dabei unter Einbeziehung von Gläubigern auch gegen den Willen Einzelner umsetzbar.
  • Die entscheidenden Voraussetzungen sind, dass noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist und ein entsprechendes, realisierbares Restrukturierungskonzept vorliegt.
  • Dem StaRUG zugrunde liegt das SanInsFoG, das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts.
  • Die originäre Aufgabe der Krisenfrüherkennung im finanziellen Sinne kann von der Unternehmensleitung per Mandat an eine externe Steuer- und Rechtsberatung abgegeben werden.
  • Steuerberater fungieren dann im Sinne des StaRUG als Frühwarnsystem für das Unternehmen. Dabei erfüllen sie die laut StaRUG gesetzliche Pflicht und übernehmen auch die sich daraus ergebenden Haftungsrisiken.

COVInsAG in der Corona-Pandemie Unternehmensschutz mit Covid-19-Insolvenzaussetzungsgesetz

Der freien Wirtschaft wurde besonders zu Beginn der Corona-Pandemie eine mehrstufige staatliche Hilfe zugesichert. Dazu gehört unter anderem das „Gesetz zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und zur Begrenzung der Organhaftung bei einer durch die COVID-19-Pandemie bedingten Insolvenz“, kurz COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz (COVInsAG). Es ist seinerseits ein Bestandteil des „Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht“ mit eigenen sowie spezifischen Covid-bedingten Regelungen für Bereiche von Privat- und von Wirtschaftsleben.

Starug Gesetz – Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz StaRUG Zusammenfassung
Durch StaRUG kann bei drohender Zahlungsunfähigkeit die Insolvenz durch eine Sanierung verhindert werden.

Das Kernziel des COVInsAG ist es, denjenigen Personen- und Kapitalgesellschaften eine Geschäftsfortführung zu ermöglichen, die durch die COVID-19-Pandemie in eine wirtschaftliche Schieflage geraten sind und aufgrund dessen verpflichtet wären, ein Insolvenzverfahren einzuleiten. Ungeachtet dieser Zwangssituation sollen sie staatliche Hilfen in Anspruch nehmen und mit Gläubigern respektive Kapitalgebern Finanzierungsvereinbarungen sowie Sanierungsvereinbarungen treffen können. Mittels dieser Maßnahmen will man die temporäre Schieflage mitsamt der drohenden Insolvenz überwunden respektive verhindern.

Nach § 15a InsO, der Insolvenzordnung muss ein Unternehmen bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellen. Diese Pflicht ist in mehreren Stufen bis Ende April 2021 ausgesetzt worden. Die Aussetzung dieser Insolvenzantragspflicht ist begrenzt auf diejenigen Fälle, die pandemiebedingt sind und in denen mit der Auszahlung staatlicher Hilfen fest gerechnet werden kann.

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SanInsFoG und StaRUG Vom Gesetzgebungsverfahren zum Inkrafttreten

Eine weitere Corona-bedingte Rechtsgrundlage ist das Gesetz zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts, kurz SanInsFoG. Mit diesem Folgegesetz wurde das COVInsAG geändert und die Insolvenzantragspflicht bis auf Weiteres für diejenigen Unternehmen ausgesetzt, bei denen die Auszahlung der seit dem 01.11.2020 vorgesehenen staatlichen Hilfszahlungen noch ausstand. Die Aussetzung war nicht möglich, wenn keine offensichtliche Aussicht auf Hilfeleistung bestand oder wenn die in Aussicht stehende Hilfeleistung zur Beseitigung der Insolvenzreife nicht ausreichen würde.

Der kurze Zeitraum für das Gesetzgebungsverfahren im vierten Quartal 2020 zeigt deutlich, unter welchem Druck Bundesregierung und Gesetzgeber gestanden haben. Der erste Referentenentwurf datiert vom 19.09.2020. In Vorbereitung dessen wurden zuvor mehrere Dutzend Stellungnahmen aus der Wirtschaft eingeholt, unter anderem vom Deutschen Steuerzahlerbund, vom Bundesverband Restrukturierung, Sanierung und Eigenverwaltung oder vom Verband Insolvenzverwalter Deutschland bis hin zum Deutschen Richterbund und zum Institut der Wirtschaftsprüfer IDW. Über den Regierungsentwurf vom 14.10.2020 wurde Mitte Dezember 2020 vom Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz berichtet, und am 29.12.2020 wurde in der letzten Jahressitzung das SanInsFoG mit Inkrafttreten zum 01.01.2021 beschlossen. Aus dem SanInsFoG ging, ebenfalls zum 01.01.2021 in Kraft getreten, das StaRUG hervor.

StaRUG Ziel und Zweck

Krisenerkennung und Frühwarnsystem sind die beiden Kerninhalte des StaRUG. Die Verantwortung dafür liegt nun nicht mehr nur bei der Geschäftsleitung des Unternehmens, sondern zusätzlich bei der externen Steuerberatung.

Ziel ist im weitesten Sinne die Vermeidung einer Firmeninsolvenz mit den sich daraus ergebenden Folgen für alle Beteiligten und Betroffenen. Das StaRUG schafft die Grundlage zur Durch- und Umsetzung einer Sanierung und zwar gegen den Widerstand von Gläubiger-Minderheiten unter gleichzeitiger Vermeidung eines Insolvenzverfahrens. Unternehmen in einer wirtschaftlich schwierigen Situation haben mit dem Restrukturierungsrahmen die Chance, mit einem mehrheitlich von den betroffenen Gläubigern bestätigten Plan die Sanierung außerhalb eines Insolvenzverfahrens zu erreichen.

StaRUG und seine Neuerungen

Krise frühzeitig erkennen

Gemäß § 1 StaRUG hat die Geschäftsleitung fortlaufend diejenigen Entwicklungen zu überwachen, die den Fortbestand des Unternehmens gefährden könnten. Losgelöst von Branche und Unternehmensgröße, muss zu diesem Zweck ein „Krisenfrüherkennungssystem“ installiert werden. Anders ausgedrückt müssen die verantwortlichen Personen permanent Zahlungsfähigkeit sowie das Nichtvorliegen der Überschuldung prüfen. In der Ausgestaltung dieser Krisenfrüherkennung hat jedes Unternehmen freie Hand es gibt keine zwingenden gesetzlichen Vorgaben dazu.

Ein zentrales Element ist ganz zweifellos die Liquiditätsplanung, und zwar ausgelegt für die jeweils kommenden zwei Jahre. Ressortübergreifend gehört das auch zum „Compliance Management“ als der Einhaltung jeglicher Regeln im Unternehmen – von der obersten Firmenleitung bis zum Azubi.

Krise professionell managen – Wann greift das StaRUG?

Als Krise bezeichnet man im Allgemeinen eine schwierige Situation, die den Höhepunkt der gefährdenden Entwicklung darstellt. Gemeint ist damit die wirtschaftlich-existenzielle Unternehmenskrise. Zeichnet sich eine solche ab, muss die Geschäftsführung unverzüglich alle geeigneten und notwendigen Gegenmaßnahmen ergreifen. Dazu gehört die zeitnahe Information des jeweiligen Aufsichtsgremiums.

Jetzt geht es darum, die gebotenen Maßnahmen innerhalb des gegebenen Ermessensspielraumes zu beurteilen. Im Vordergrund stehen Bewertungen nach dem Arbeits-, Steuer- und dem Strafrecht sowie nach dem allgemeinen Gesellschaftsrecht. Ist der Fortbestand des Unternehmens gefährdet, ohne dass eine Insolvenzreife vorliegt, so ist in dieser Situation das Restrukturierungsverfahren oder eine Sanierungsmoderation nach dem StaRUG die geeignete Gegenmaßnahme.

Haftungsrisiko für Geschäftsführung und Aufsichtsorgan

Ab jetzt und in dieser Situation kommt es ganz entscheidend auf eine lückenlose, glaubhafte sowie nachweisbare Dokumentation der Situation an. Inwiefern diese prekäre Unternehmenslage zu einer Haftung führt, ist in diesem frühen Stadium in verlässlicher Form kaum bis gar nicht abschätzbar. Feststeht, dass für den Fall des Scheiterns der Restrukturierung der Insolvenzverwalter im Rahmen des anschließenden Insolvenzverfahrens mögliche Haftungsansprüche gegen Geschäftsführung und/oder Aufsichtsorgan prüfen und auch durchsetzen wird. Dazu ist er gesetzlich verpflichtet.

Im Mittelpunkt der Dokumentation stehen der Informationsfluss sowie das Handeln zum Wohl des Unternehmens. Die Geschäftsführung ist auf der einigermaßen sicheren Seite, wenn sie vor der Einleitung des StaRUG-Verfahrens und ebenso vor dem Insolvenzantrag wegen drohender Zahlungsunfähigkeit einen klaren Gesellschafterbeschluss einholt und diesen lupenrein dokumentiert.

Sanierungsoptionen

Für die Entscheidung über den richtigen Weg aus der wirtschaftlich-finanziellen Krise gibt es jetzt mehrere Möglichkeiten.

  1. Freies Sanierungsverfahren: Gelingt die Sanierung ohne InsO und/oder StaRUG, redet man von einer freien Sanierung. Ein Gericht ist dabei nicht involviert.
  2. Bei gerichtlicher Anordnung eines Insolvenzverfahrens nach der InsO entfällt das StaRUG. Der Insolvenzverwalter beginnt seine Tätigkeit mit dem Insolvenzantrag.
  3. Wird das Unternehmen dem StaRUG entsprechend saniert, besteht die Wahl zwischen Restrukturierungsplan und Sanierungsmoderation. Die Zahlungsunfähigkeit darf noch nicht eingetreten sein und ein Restrukturierungskonzept muss vorliegen. In diesem Stadium muss die Geschäftsführung mehrere Dinge gleichzeitig tun sie muss dokumentieren, informieren und mit dem Restrukturierungsplan eine glaubhafte sowie zukunftsorientierte Perspektive aufzeigen. Das erfordert Arbeitskraft, Glaubwürdigkeit sowie Geduld mit der Geschäftsführung.

Restrukturierungsplan

Die Grundlage zur nachhaltigen Sanierung ist der Restrukturierungsplan gemäß den §§ 2 ff. StaRUG. Dort wird im Einzelnen vorgegeben, in welche Gläubigerrechte eingegriffen werden kann, soll oder muss. Im Gegensatz zum planmäßigen gerichtlichen Insolvenzverfahren müssen mit dem Restrukturierungsplan nicht ausnahmslos alle Gläubiger und Anteilsinhaber einverstanden sein. Der Schuldner entscheidet über die sachgerechte Auswahl der Planbetroffenen.

Der Restrukturierungsplan bietet weitreichende Möglichkeiten zur Umgestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen Schuldner und Gläubiger. So können etwa Schuldnerverbindlichkeiten, Sicherungsrechte oder gruppeninterne Drittsicherheiten zur Disposition gestellt werden. Die Aufnahme weiterer begleitender Maßnahmen wie Zusagen neuer Finanzierungen in den Restrukturierungsplan ist möglich.

Einerseits ist das Spektrum recht groß vor dem Hintergrund, eine Insolvenz unter vielen wenn auch nicht unter allen Umständen zu vermeiden. Umgekehrt sind die Gestaltungsmöglichkeiten nicht unbegrenzt. Ein Tabu sind die Rechte der Beschäftigten. Darauf sollte man bei Auswahl der geeigneten Verfahrensart für die Unternehmenssanierung achten.

Eine entscheidende Voraussetzung zum Eingriff in die Rechte von Gläubigern und Anteilsinhabern ist die Zustimmung der Planbetroffenen. Aus diesem Kreis werden mit vergleichbarer Rechtsstellung Gruppen gebildet, die über den Restrukturierungsplan abstimmen. Er muss alle für die Entscheidung der planbetroffenen Gläubiger erheblichen Informationen enthalten. Wichtig bis unverzichtbar ist eine Vergleichsrechnung als Gegenüberstellung der Situation mit und ohne Restrukturierungsplan.

Die Annahme des Restrukturierungsplanes bedarf der Zustimmung aller Gruppen. Sie ist dann gegeben, wenn in jeder Gruppe wenigstens 75 Prozent der Gläubigerstimmrechte zustimmen. Im Einzelfall kann man unter bestimmten Voraussetzungen auf die Zustimmung einer Gruppe verzichten.

Restrukturierungsgericht

Es ist eine Abteilung des Amtsgerichtes, kurz AG, in dessen Bezirk ein Oberlandesgericht (OLG) seinen Sitz hat. Dieses AG ist auch für die Regelinsolvenz nach der InsO zuständig.

Planabstimmungsverfahren

Dem Schuldner obliegt es zu entscheiden, ob die Abstimmung über den Restrukturierungsplan im Rahmen einer gerichtlichen Planabstimmung stattfindet oder außergerichtlich durchgeführt wird. Für das gerichtliche Planabstimmungsverfahren bestimmt das Restrukturierungsgericht einen Erörterungs- und Abstimmungstermin. Geladen sind alle Planbetroffenen. Im gerichtlichen Verfahren lassen sich rechtliche Unsicherheiten vermeiden, die bei außergerichtlicher Planabstimmung auftreten können – Stichwort ist hier das „Nachweisrisiko“.

Vorprüfung

Eine gerichtliche Vorprüfung von „erheblichen Fragen“ ist auf Antrag des Schuldners möglich, und zwar sowohl für das gerichtliche als auch für das außergerichtliche Verfahren. Ziel der Vorprüfung ist die Beseitigung von möglichen rechtlichen Unsicherheiten. Gängige Beispiele sind die Einhaltung der Formalitäten für das Verfahren oder die Rechtmäßigkeit der Gruppenbildung.

Stabilisierungsanordnung

Sie ist eine Vollstreckungs- und Verwertungssperre, die vom Restrukturierungsgericht angeordnet wird, wenn sie zum Erreichen des Restrukturierungszieles hilfreich bis notwendig ist. Demzufolge werden Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner ab sofort bis auf Weiteres eingestellt. Rechtsansprüche der Gläubiger auf Vermögensgegenstände des Schuldners sind nicht durchsetzbar. Er darf die entsprechenden Gegenstände des Umlaufvermögens weiterhin einsetzen, soweit das zur Fortführung der Geschäftstätigkeit notwendig ist. Die Stabilisierungsanordnung gilt zunächst für bis zu drei Monate. Unter bestimmten Voraussetzungen kann sie einmalig auf bis zu acht Monate verlängert werden.

Bestätigung des Restrukturierungsplanes

Er wird im Anschluss an die Annahme durch die Gläubiger vom Restrukturierungsgericht auf Antrag des Schuldners hin bestätigt. Ab jetzt wirken alle im gestaltenden Teil des Planes einvernehmlich festgelegten Maßnahmen gegen alle Planbetroffenen und zwar auch gegen diejenigen, die nicht an der Abstimmung teilgenommen oder die dagegen gestimmt haben.

Sanierungsmoderation

Die Sanierungsmoderation ist gemäß den §§ 94 ff. StaRUG ein nicht öffentliches Verfahren ohne bindende Verpflichtung und unabhängig von Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen sowie vom Restrukturierungsplan. Antragsberechtigt ist der restrukturierungsfähige, das heißt nicht offensichtlich überschuldete oder zahlungsunfähige Schuldner. Er kann die Sanierungsmoderation jederzeit wieder beenden. Sie hat die gerichtliche Bestellung einer sachkundigen Person zum Gegenstand. Die soll zwischen Gläubigern und dem Schuldner als neutrale Person vermitteln, mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung zur Bewältigung der wirtschaftlich-finanziellen Krise des Schuldners.

Der unabhängige Sanierungsmoderator soll mit neutraler sowie unvorbelasteter Autorität ein sich bis dahin aufgebautes Misstrauen zwischen Gläubigern und Schuldner entkrampfen und beruhigen, bestenfalls sogar befrieden. Die Sanierungsmoderation ist geradezu ideal für kleine und Kleinstunternehmen, denen eine Sanierung ohne externe Hilfe aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich ist.

StaRUG für Gläubiger

Bei der Beteiligung an einem Stabilisierungs- und Restrukturierungsverfahren werden die Gläubigerrechte spürbar bis drastisch eingeschränkt. Sie richten sich nach der vergleichbaren Rechtsposition in der jeweiligen Gläubigergruppe. Allerdings hat der ablehnende Gläubiger den Anspruch auf Minderheitenschutz.

Sollte ein Gläubiger durch den Restrukturierungsplan schlechter gestellt sein als ohne ihn, dann wird auf seinen Antrag hin der Plan nicht gerichtlich bestätigt. Ferner wirkt der Restrukturierungsplan dann auch nicht gegen ablehnende Gläubiger. Das A und O ist in so einem Fall die Vergleichsrechnung. Sie muss hieb- und stichfest sowie mit Zahlen, Daten und Fakten darlegen, dass der Gläubiger durch den Restrukturierungsplan keine größeren Einbußen hinnehmen muss, als das ohne einen solchen Plan der Fall wäre.

StaRUG für Schuldner

Die Nichtöffentlichkeit des Verfahrens ist ein ganz wesentlicher Vorteil. Beteiligt sind ausschließlich betroffene Gläubiger respektive Anteilseigner. Die Unternehmensinsolvenz mit all ihren Auswirkungen nach außen und innen wird vermieden.

Eine Sanierung über den Restrukturierungsplan ist für Unternehmen, die durch hohe Zahlungsverbindlichkeiten belastet sind und bei denen eine Refinanzierung daher kaum möglich ist, geradezu prädestiniert. Keine wesentlichen Erleichterungen bietet die StaRUG-Restrukturierung hingegen für die operative oder die arbeitsrechtliche Sanierung.

Rolle der Steuerberatung bei SanInsFoG und StaRUG

Frühwarnung mit BWA, GUV und Controlling

Die in § 1 StaRUG näher definierte Krisenfrüherkennung ist eine originäre Aufgabe der Unternehmensleitung. Das ist nicht neu, wird jedoch vor dem Hintergrund der Restrukturierung zur Abwendung einer Regelinsolvenz als besondere Pflicht in den Fokus gestellt. Dabei handelt es sich um eine dauerhafte Aufgabe, die zum operativen Alltag gehört.

Externe Steuer- und Rechtsberatung als Frühwarnsystem

Jede Steuerberatung ist die spezifische Dienstleistung mit einem weiten Leistungsspektrum für alle steuerlichen Vorgänge im Unternehmen. Der Begriff Beratung macht deutlich, dass es sich um Empfehlungen und um Ratschläge handelt die der Mandant als steuerlicher Laie naturgemäß in aller Regel uneingeschränkt annimmt.

Das StaRUG verpflichtet die Geschäftsleitung dazu, ein System zur Früherkennung von Insolvenzrisiken aufzubauen und zu unterhalten. Diese Pflicht gibt der Unternehmer als Mandant eins zu eins an „seine“ Steuerberatung weiter. Anders formuliert verlagert das Unternehmen seine Früherkennungspflicht per Mandat an die Steuerberatung. 

Allerdings ist es in Bezug auf das StaRUG mit dem ausschließlichen „Beraten und Empfehlen“ allein nicht mehr getan. Die Steuerberatung wird vielmehr zu einer fachlich anspruchsvollen und gesetzlichen Pflicht mit den sich daraus ergebenden Haftungsrisiken. Denn auch die werden mit dem Mandat von der Geschäftsleitung an die Steuerberatung weitergegeben.

Steuerberatung für Unternehmen als Personen- und als Kapitalgesellschaften ist gleichbedeutend mit einer regelmäßigen Finanzbuchhaltung (FiBu) im Monatsrhythmus. Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA), Gewinn- und Verlustrechnung (GUV) sowie die Summen- und Saldenliste (SuSa) sind aussagefähige Unterlagen, die jedes gute Buchhaltungssystem automatisch erstellt. Hinzu kommt ergänzend noch ein Controlling Report.

Doch das Auswerten allein reicht nicht. Im Sinne des StaRUG müssen der Geschäftsleitung die relevanten Unternehmenskennzahlen nahegebracht, erklärt und verdeutlicht werden. Das Controlling ist ein ebenso anschaulicher wie informativer Mix aus Zahlen, Grafiken, Trends und Analysen.

Dabei ist natürlich nicht jeder Geschäftsführer ein ausgewiesener Bürokrat. Jedoch muss er sich mit diesen Details befassen. Seine Steuerberatung kommt daher um diesen Know-how-Transfer nicht umhin. Das kostet Zeit und sicherlich auch Nerven, lässt sich jedoch durch eine dementsprechende Honorierung kompensieren. Entscheidend ist das „Muss“ nach dem StaRUG.

Erweiterte Steuerberatungspflicht

Nach § 102 StaRUG muss die Steuerberatung bei Erstellung des Jahresabschlusses darauf hinweisen, dass respektive, wenn ein möglicher Insolvenzgrund nach den §§ 17 bis 19 InsO vorliegt. Geschäftsführung und Aufsichtsorgan müssen auf diese Situation hingewiesen werden, wenn entsprechende Anhaltspunkte offenkundig sind und Grund zu der Annahme besteht, dass der Mandantschaft eine mögliche Insolvenzreife nicht bewusst ist.

Das klingt etwas sperrig, ist im Rahmen der Steuerberatung jedoch üblich bekannt. Ob Steuerberater, Buchhalter oder Wirtschaftsprüfer jeder von ihnen kann Bilanzen und Jahresabschlüsse aus dem Effeff lesen. Jetzt besteht die gesetzliche Pflicht, im Rahmen des Mandates und der damit verbundenen Risikofrüherkennung ganz konkret darauf hinzuweisen, und zwar auch zum Selbstschutz vor möglichen späteren Haftungsansprüchen.

Aussagefähige Grundlagen zur Bewertung der wirtschaftlichen Unternehmenssituation

Zur aussagekräftigen Bewertung der Unternehmenssituation werden unter anderem die Liquiditätsvorschau, Debitoren- und Kreditorenbuchhaltung als Übersicht zu Forderungen und Verbindlichkeiten sowie eine kombinierte Erfolgs-, Finanz- und Vermögensplanung herangezogen und durchgeführt. Zusammen mit aktueller BWA und GUV lässt sich im Rahmen eines Controlling-Reports sehr genau ablesen und analysieren, wie es kurz- und mittelfristig für die kommenden fünf Jahre um die wirtschaftliche Unternehmenssituation bestellt sein kann/wird.

In klein- und mittelständischen Unternehmen jeglicher Rechtsform ist die Geschäftsleitung uneingeschränkt mit ihrer Kernaufgabe befasst: dem Genieren und der Abwicklung von Aufträgen. KMUs sind auf eine externe Steuerberatung zwingend angewiesen. Dies hat zur Folge, dass sie sich auf deren Fachkompetenz verlassen, ihr buchstäblich blind vertrauen müssen. In dieser Situation liegt die ganz besondere Verantwortung der Steuerberatung nach dem StaRUG begründet.

StaRUG Zusammenfassung

Resümee zur Rechtsgrundlage & Ausblick

Ziel der StaRUG ist es, ein Unternehmen zu sanieren, bevor eine Insolvenz eintritt. Diese präventive Restrukturierungsmaßnahme bietet vielfältige Möglichkeiten, um das aktuell und temporär ins wirtschaftliche Schlingern geratene Unternehmen vor dem Schlimmsten (in Form eine Regelinsolvenz) zu bewahren. Die beiden entscheidenden Voraussetzungen dafür sind, dass noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten ist und ein realistisches Restrukturierungskonzept vorliegt.

Das StaRUG als neue Rechtsgrundlage kann und wird sowohl während als auch nach der Corona-Pandemie mit all ihren Folgen für Unternehmen eine wichtige Rolle spielen. Im ersten Jahr seit dem Inkrafttreten des StaRUG war die Resonanz aus der freien Wirtschaft eher verhalten. Auf der anderen Seite ist die Zahl der Insolvenzen überraschend niedrig bis moderat geblieben. An dieser Stelle zeigt sich die positive Wirkung des staatlichen Kurzarbeitergeldes.

Gleichwohl wird das StaRUG – auch losgelöst von Corona – schon in absehbarer Zeit zunehmend mehr Zuspruch finden. Das ist spätestens dann der Fall, wenn sich flächendeckend herumgesprochen hat, welch positiven Auswirkungen diese Restrukturierung für die betroffenen Unternehmen hat.

Für Rechtssicherheit sorgt ergänzend zur Gesetzgebung immer auch die aktuelle Rechtsprechung. Die gibt es auf das StaRUG bezogen noch nicht. Im Laufe des ersten Jahres sind verhältnismäßig wenig Restrukturierungen beantragt und anschließend umgesetzt worden.

Daraus haben sich bislang noch keine relevanten Gerichtsentscheidungen ergeben. Damit kann wohl erst in den kommenden Jahren gerechnet werden; und zwar vorwiegend in Bezug auf die Haftung der Geschäftsleitung im Falle des Misslingens der Restrukturierung mit der anschließenden Folge einer Regelinsolvenz. Dann tritt der Insolvenzverwalter auf den Plan und prüft den Haftungstatbestand wegen Restrukturierungsverschleppung.

Das StaRUG wurde auch Corona-pandemiebedingt in denkbar kurzer Zeit verabschiedet. Das bedeutet jedoch nicht, dass es „mit heißer Nadel gestrickt“ wurde. Entscheidend wird zukünftig sein, wie die Gerichte Formulierungen zu § 1 StaRUG wie Überwachungspflicht, Früherkennungssystem oder Restrukturierungsmanagement definieren und interpretieren.

Relevanz für die Steuerberatung

Die bisherige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes BGH zu den Prüfungs- und Warnpflichten im Rahmen von Jahresabschlüssen durch die mandatierte Steuerberatung wurde durch das StaRUG in § 102 normiert. Diese Regelung gilt ausdrücklich sowohl für Steuerberatende als auch für Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte, die Jahresabschlüsse für ihre Mandanten erstellen.

Sie sind gesetzlich dazu verpflichtet:

  1. Auf das Vorliegen eines etwaigen Insolvenzgrundes hinzuweisen
  2. die Unternehmensleitung auf ihre Pflichten in diesem Zusammenhang hinzuweisen
  3. Voraussetzung ist, dass Anhaltspunkte dafür offenkundig sind und dass darüber hinaus angenommen werden kann, dass dem Mandanten die Insolvenzreife nicht bewusst ist

Damit werden Steuerberatende sowie gleichartige Berufsgruppen in eine spürbar enge Pflicht genommen. Sie müssen sich ihren Mandanten gegenüber eindeutig zu einem Sachverhalt positionieren und diesen Tatbestand auch zur eigenen Absicherung vor Haftungsansprüchen sorgfältig dokumentieren.

Für die Steuerberatung bedeutet das seit Januar 2021 im Rahmen der Früherkennung einen deutlichen Mehraufwand. Abhängig von dem jeweiligen Mandat kommen die Steuerberatenden nicht umhin, ein arbeits- und zeitintensives Früherkennungssystem zu installieren sowie dauerhaft zu unterhalten. Das erfordert eine diesbezüglich permanente Kommunikation mit dem Mandanten.

Der Fokus richtet sich bei der Steuerberatung auf die Unternehmens- sowie auf die Liquiditätsplanung. Man muss die Liquidität nicht nur analysieren, sondern auch aktiv steuern. Diese gesamtheitliche Bewertung der aktuellen und zukünftigen Unternehmenssituation sollte nicht nur kurzfristig für 24 Monate, sondern mittelfristig auf bis zu fünf Jahre ausgerichtet sein. De facto gehört zu dieser erweiterten Steuerberatung das Anlegen und kontinuierliche Führen eines „Dossiers“ für den betreffenden Mandanten.

Dem Mandanten ist damit im Hinblick auf die Früherkennung eines Insolvenzrisikos geholfen, und dem Steuerberatenden mit Blick auf die Vermeidung eines möglichen zukünftigen Haftungsrisikos wenn es zu einer Restrukturierung nach dem StaRUG kommt.

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FAQ

Wann tritt StaRUG in Kraft?

Das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG) ist zum 01.01.2021 in Kraft getreten.

Was ist der Unterschied zwischen Restrukturierungs- und Insolvenzverfahren?

Die Restrukturierung ermöglicht eine Sanierung ohne zwingende gerichtliche Beteiligung und Veröffentlichung, bevor ein Insolvenzverfahren notwendig ist. Eine Zahlungsunfähigkeit darf drohen, aber noch nicht eingetreten sein. Ferner muss das Unternehmen sanierungsfähig sein. Den Gläubigern wird ein sachgerechter Restrukturierungsplan vorgelegt, dem die qualifizierte Mehrheit zustimmen muss. Der Schuldner kann unterstützende gerichtliche Maßnahmen wie einen Vollstreckungsstopp oder ein gerichtliches Abstimmungsverfahren beantragen. Die Unternehmensleitung bleibt während der Restrukturierung in seiner Hand.
Das Insolvenzverfahren bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung wird auf Antrag auch nur eines Gläubigers durchgeführt. Es ist zwingend ein gerichtliches Verfahren. Die Unternehmensleitung wird bei der Eigenverwaltung von einem Sachwalter beaufsichtigt. Ansonsten wird vom Insolvenzgericht ein Insolvenzverwalter bestimmt. Scheitert das Restrukturierungsverfahren, dann kommt es in den meisten Fällen zu einem anschließenden Insolvenzverfahren.

Wie wird drohende Zahlungsunfähigkeit definiert?

Sie liegt immer und spätestens dann vor, wenn das Unternehmen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht in der Lage sein wird, bestehende Zahlungsverbindlichkeiten zum Fälligkeitszeitpunkt ungekürzt zu begleichen. Nach § 18 InsO gilt hierfür der Zeitraum von bis zu 24 Monaten. Das ist der Prognosezeitraum, dem ein Liquiditätsplan zugrunde gelegt wird.
Im Vorfeld der Zahlungsunfähigkeit wird unterschieden in Zahlungsstockung und in Zahlungseinstellung. Die Zahlungsstockung als kurzfristiger Liquiditätsengpass lässt sich temporär beseitigen. Zahlungseinstellung hingegen ist ein starkes Indiz für eine möglicherweise schon bestehende Zahlungsunfähigkeit.

Wird das Verfahren in öffentlichen Verzeichnissen bekannt gemacht?

Ein Verfahren wird nur dann öffentlich bekannt gemacht, wenn dies auf Antrag des Schuldners geschieht. Die öffentliche Bekanntmachung erfolgt zentral und länderübergreifend im Internet. Veröffentlicht werden als Pflichtinhalte die Angaben gemäß Artikel 24 Absatz 2 der EU-Verordnung 2015/848.
Private Wirtschaftsauskunfteien wie Schufa, Creditreform und andere gelten nicht als öffentliches Verzeichnis im Sinne des StaRUG. Hier obliegt es dem einzelnen Gläubiger sowie dem Schuldner, wie er mit einer solchen „Negativeintragung“ umgeht.

Bietet das StaRUG-Verfahren Vollstreckungsschutz?

Das StaRUG bietet Vollstreckungsschutz. Auf Antrag des Schuldners hin kann das Restrukturierungsgericht einzelne Maßnahmen zur Zwangsvollstreckung untersagen und per Entscheidung einstweilen einstellen. Das geschieht zur Wahrung der Erfolgsaussichten für das Restrukturierungsziel. Rechtsgrundlage ist § 49 StaRUG. Der Fachbegriff für diesen speziellen Vollstreckungsschutz ist die Vollstreckungssperre.

Wo kann ein StaRUG-Verfahren angezeigt respektive eingeleitet werden?

Sachlich und örtlich zuständig ist das Restrukturierungsgericht als eigene Abteilung an demjenigen Amtsgericht, in dessen Bezirk das zuständige Oberlandesgericht OLG seinen Sitz hat. Ist das ansässige Amtsgericht nicht für Unternehmensinsolvenzen zuständig, gilt die Zuständigkeit des Amtsgerichtes, das für Unternehmensinsolvenzen am Sitz des OLG zuständig ist.